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Kinder- und Jugendhilfe – ein Überblick

Die Kinder- und Jugendhilfe ist ein bedeutender Bereich des deutschen Sozialsystems, der auf dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) basiert. Ziel der Kinder- und Jugendhilfe ist es, jungen Menschen ein gesundes und förderliches Aufwachsen zu ermöglichen. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe gemäß SGB VIII und ihre Bedeutung für das Wohl von Kindern und Jugendlichen.

§ 1 SGB VIII

Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe

Die Kinder- und Jugendhilfe auf Grundlage des SGB VIII übernimmt vielfältige Aufgaben, um das Wohl junger Menschen zu gewährleisten. Durch Beratung und Unterstützung von Familien, Hilfen zur Erziehung, Jugendsozialarbeit, Schutzmaßnahmen und Förderung der Beteiligung junger Menschen leistet die Kinder- und Jugendhilfe einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und Entfaltung junger Menschen. Ihr ganzheitlicher Ansatz berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse und Lebenslagen der jungen Menschen sowie deren Recht auf Schutz und Förderung. Die Kinder- und Jugendhilfe spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer gesunden und förderlichen Umgebung, in der Kinder und Jugendliche ihr volles Potenzial entfalten können. Im Folgenden stellen wir die einzelnen Aufgaben genauer vor.

Die einzelnen Leistungen der Jugendhilfe leiten sich aus dem zweiten Kapitel des SGB VIII ab. Auf diese Leistungen folgen im 3. Kapitel des SGB VIII die sogenannten „Andere Aufgaben der Jugendhilfe“. In der Folge greifen wir neben gewissen Leistungen der Jugendhilfe auch Andere Aufgaben der Jugendhilfe auf.

Allgemeine Leistungen zur Förderung junger Menschen

Hierzu zählt unter anderem die Jugendsozialarbeit. Diese ist ein weiterer Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Sie unterstützt junge Menschen dabei, ihre Lebenssituation zu verbessern und ihre persönlichen Perspektiven zu erweitern. Dazu gehören beispielsweise Unterstützung bei schulischen Herausforderungen, Berufsberatung, Hilfe bei der Ausbildungsplatzsuche, sowie die Förderung von sozialen Kompetenzen. Durch diese Maßnahmen sollen junge Menschen langfristig befähigt werden, ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Förderung der Erziehung in der Familie

Eine zentrale Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist es, Eltern und Familien in verschiedenen Lebenslagen zu beraten und zu unterstützen. Dies umfasst beispielsweise die die Hilfe bei der Bewältigung von Erziehungsproblemen oder die Unterstützung bei der Entwicklung von Erziehungskompetenzen. Ziel ist es, Familien zu stärken und ihnen die nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um eine gesunde und förderliche Umgebung für ihre Kinder zu schaffen. Zudem umfasst die Förderung der Erziehung in der Familie die Beratung in Fragen der Partnerschaft, sowie Ausübung der elterlichen Sorge nach Trennung und Scheidung und die Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts.

Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege

Das SGB VIII unterscheidet zwei Formen der Kindertagesbetreuung: Tageseinrichtungen (§ 22a SGB VIII) und Kindertagespflege (§ 23 SGB VIII). Beide Formen sind in einen umfassenden Förderauftrag einbezogen, der die Elemente „Erziehung, Bildung und Betreuung“ umfasst und sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes bezieht (§ 22 SGB VIII).

Hilfen zur Erziehung gem. § 27 SGB VIII und Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung

Die Kinder- und Jugendhilfe bietet individuelle Hilfen zur Erziehung an, welche ein breites Spektrum individueller pädagogischer und/oder therapeutischer Hilfen umfassen. Anspruch auf Hilfe zur Erziehung hat ein:e Personensorgeberechtigte:r, wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Dies kann in Form von ambulanter Erziehungshilfe, Heimerziehung, intensivpädagogischer Betreuung oder anderen geeigneten Maßnahmen geschehen. Das Ziel dieser Hilfen ist es, den jungen Menschen in einer geeigneten Umgebung zu unterstützen und zu fördern, um seine persönliche Entwicklung zu gewährleisten.
Kinder und Jugendliche mit einer (drohenden) seelischen Behinderung haben gegenüber dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe einen Anspruch auf Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII). Für Kinder und Jugendliche mit einer (drohenden) körperlichen oder geistigen Behinderung ist hingegen der Träger der Eingliederungshilfe, Teil 2 des des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX), zuständig. 

Schutz von Kindern und Jugendlichen – Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

Ein zentraler Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefahren, Vernachlässigung, Misshandlung und Gewalt. Hier arbeiten die Jugendämter eng mit Schulen, Polizei und anderen relevanten Institutionen zusammen, um mögliche Risiken zu erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Das Jugendamt ist verpflichtet, bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung gemeinsam mit Fachkräften das Gefährdungsrisiko einzuschätzen (§ 8a SGB VIII). Der Schutz von Kindern und Jugendlichen steht im Mittelpunkt, um ihnen ein sicheres und geborgenes Umfeld zu bieten.
Wenn das Jugendamt es für erforderlich hält, kann auf Benachrichtigung des Jugendamtes das zuständige Familiengericht eingeschaltet werden. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Eltern nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Gefährdungseinschätzung mitzuwirken. Wenn eine dringende Gefahr für das Kind oder den Jugendlichen besteht und das Jugendamt die Entscheidung des Gerichts daher nicht abwarten kann, ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

Vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern & Jugendlichen – Inobhutnahme

Zu einer Inobhutnahme ist das Jugendamt in den folgenden Fällen berechtigt und verpflichtet.

  1. Wenn ein Kind oder Jugendlicher darum bittet (sogenannte „Selbstmelder“ – § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII)
  2. Wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder Jugendlichen diese Krisenintervention erfordert und die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGV III).

Das Jugendamt muss das Familiengericht anrufen, wenn die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht bereit und in der Lage sind die Gefährdung abzuwenden (§ 42 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII). Das Familiengericht trifft dann die notwendigen sorgerechtlichen Maßnahmen im Anschluss an die Inobhutnahme (insbesondere Maßnahmen nach § 1666 BGB wie zum Beispiel die Verpflichtung der Eltern, bestimmte Hilfen in Anspruch zu nehmen, Entzug von Angelegenheiten der elterlichen Sorge und Übertragung auf einen Pfleger). Sofern die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht widersprechen, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

Mitwirkung in familien- und kindschaftsrechtlichen Angelegenheiten sowie in Jugendgerichtsverfahren

Die Kinder und Jugendhilfe trägt dazu bei, dass die rechtlichen und materiellen Belange von Kindern und Jugendlichen vertreten werden und sie von günstigen Entwicklungsbedingungen profitieren. Dies geschieht unter anderem durch die Beratung und Unterstützung bei der Vaterschaftsfeststellung und bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (§ 52a SGB VIII), die Mitwirkung in Verfahren vor Familiengerichten (zum Beispiel bei der Regelung der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts, § 50 SGB VIII), die Führung von Beistandschaften, Amtspflegschaften und Vormundschaften, wenn hierfür Einzelpersonen nicht zur Verfügung stehen (§§ 55 ff. SGB VIII) und die Mitwirkung in Jugendstrafverfahren, mit denen Straftaten Jugendlicher und Heranwachsender geahndet werden sollen (Jugendgerichtshilfe, § 52 SGB VIII).

Förderung der Beteiligung junger Menschen

Die Kinder- und Jugendhilfe fördert aktiv die Beteiligung junger Menschen an allen sie betreffenden Entscheidungen und Prozessen. Sie unterstützt die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen, beispielsweise durch Jugendforen, Beteiligungsprojekte oder die Einrichtung von Jugendparlamenten. Dadurch wird ihre Stimme gehört und ihre aktive Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen gefördert.

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Personalverteilung in den Arbeitsfeldern der Kinder- & Jugendhilfe

In den Jahren 2018/19 arbeiteten 1,1 Mio. Personen in der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Dies entspricht ca. 2,4% aller Erwerbstätigen in Deutschland (vgl. IJAB). Damit ist der Personalbestand dort höher als in anderen bedeutenden Branchen in Deutschland wie beispielsweise der Landwirtschaft oder der Automobilindustrie. Zum Vergleich: 2016 beschäftigten landwirtschaftliche Betriebe insgesamt 940.100 Arbeitskräfte; im Wirtschaftszweig der ‚Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen‘ wurden 2018 rund 873.000 tätige Personen gezählt. Die Relevanz der Kinder- und Jugendhilfe ist auf die äußerst dynamische Entwicklung seit Mitte der 2000er-Jahre zurückzuführen.

Fazit

Die Kinder- und Jugendhilfe gemäß SGB VIII übernimmt vielfältige Aufgaben, um das Wohl junger Menschen zu gewährleisten. Ihr ganzheitlicher Ansatz berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse und Lebenslagen der jungen Menschen sowie deren Recht auf Schutz und Förderung. Die Kinder- und Jugendhilfe spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer gesunden und förderlichen Umgebung, in der Kinder und Jugendliche ihr volles Potenzial entfalten können.

Als weiterführende, vertiefende Literatur empfehlen wir die Broschüre „Kinder- und Jugendhilfe“ des Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.