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Ökonomisierung in der sozialen Arbeit

Effizienz, Angebot und Nachfrage, Controlling, Kosten-Nutzen-Analyse – das sind typische Begriffe der Betriebswirtschaftslehre. Wie lassen sich diese Begriffe mit den Grundsätzen der Profession der sozialen Arbeit vereinbaren? Wie entscheidet man, welche Kosten sich lohnen, um einem Menschen in einer schwierigen Lebenssituation die nötige Hilfe zu geben?

Die Ökonomisierung in der sozialen Arbeit meint die betriebswirtschaftlich ausgerichtete Umstrukturierung der sozialen Arbeit und damit verbundene Neuverteilung der Budgets im sozialen Sektor.

Entstehung der Ökonomisierung in der sozialen Arbeit


Bis zu den 1990er Jahren wurde die Finanzierung von sozialen Leistungen über das Selbstkostendeckungsprinzip geregelt. Soziale Träger erhielten das Budget für ihre Leistungen durch individuelle Absprachen mit dem Staat als Kostenträger und konnten unkompliziert nachträgliche Aufstockung anfordern. Durch die Privatisierung des öffentlichen Sektors in den 1990er Jahren entstand ein Wettbewerb zwischen den sozialen Trägern und ein neues Finanzierungssystem wurde eingeführt. Somit löste sich das partnerschaftliche und auf Vertrauen basierte Verhältnis zwischen Leistungserbringer und Kostenträger auf und wandelte sich zu einer Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung. Die Budgetverteilung war nun abhängig von Leistungsverträgen, die zu erwartende Ergebnisse und Wirkungen der angebotenen Leistung enthalten. Sparmaßnahmen der Staatshaushalte wirkten sich auf die soziale Arbeit aus und führten zu weniger Budget bei gleichbleibenden Sozialausgaben.

Das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis

Soziale Arbeit kann seit der Ökonomisierung als Dienstleistung betrachtet werden, bei der die Finanzierung von einem Kostenträger und nicht von den Leistungsempfängern selbst übernommen wird. Dieses Dreiecksverhältnis umfasst wechselseitige, rechtliche Beziehungen, hier am Beispiel ambulant betreutes Wohnen erläutert: Der LVR (Kostenträger) ist verpflichtet, einer hilfebedürftigen Person eine Unterstützung zu finanzieren. Diese Leistung wird von einem Bewo-Anbieter (Leistungserbringer) in Form einer ambulanten Betreuung der:dem Klient:in (Leistungsempfänger) angeboten. Der Leistungsempfänger ist verpflichtet, sich an die Verträge und Absprachen (z.B. Mitwirkungspflicht) mit dem Leistungserbringer, zu halten. Die Leistungsvereinbarungen zwischen den drei Parteien sind befristet, sodass es regelmäßiger Neuverhandlungen der Leistungsverträge bedarf.

Folgen für soziale Träger

Um im Wettbewerb zu bestehen und Kostenträger von sich zu überzeugen, stehen die sozialen Einrichtungen vor der Herausforderung, ein am Markt orientiertes Qualitätsmanagement aufzustellen. Um dem daraus entstehendem Verwaltungsaufwand gerecht zu werden, ist eine Neuorganisation der Institutionen notwendig. Neue Aufgaben und Verantwortlichkeiten wie interne Budgetplanung und Qualitätskontrolle müssen verteilt werden. Die soziale Arbeit beinhaltet nicht mehr nur die pädagogische Arbeit mit den Klient:innen an sich.

Fazit

Die Ökonomisierung fordert in der sozialen Arbeit eine Umstrukturierung, um den neuen Anforderungen mit reduzierten Arbeitsressourcen nachzukommen. Dies erhöht den Druck auf die sozialen Organisationen, steigert aber auch das Ansehen der sozialen Arbeit als Profession. Um dem Auftrag nachzukommen, nachhaltig sozialer Ungleichheit entgegenzuwirken, darf die soziale Arbeit nicht den Mut verlieren, sich für die Klient:innen einzusetzen und sich politisch einzumischen. Eine stetige Reflexion der pädagogischen Arbeit ermöglicht es, erfolgreiche Konzepte zu erkennen und diese zu fördern. Wie Erfolge sozialer Arbeit gemessen werden können, lesen Sie im kommenden Blogbeitrag zum Thema Qualitätsmanagement in der sozialen Arbeit.

Weiterführende Literatur

Seithe, M. (2012): Schwarzbuch Soziale Arbeit, 2. Auflage, Wiesbaden, Springer VS

Dahme, H.-J. & Wohlfahrt, N. (2015): Soziale Dienstleistungspolitik – Eine kritische Bestandsaufnahme, 6. Auflage, Wiesbaden, Springer VS

Schädler, J., Schwarte, N., Trube, A. (Hrsg.) (2001): Der Stand der Kunst. Qualitätsmanagement sozialer Dienste. Von grundsätzlichen Überlegungen zu praktischen Ansätzen eines fach- und adressatenorientierten Instrumentensets. Reihe Sozialpolitik und Sozialmanagement, Münster, Votum-Verlag